Zahnarzt & Sprache
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Ist das Gendern, das Bewerten oder gar Abwerten einer Person etwas, das primär durch Sprache geschieht? Oder passiert es nicht vielmehr in unseren Köpfen?
Seit etlichen Jahren gebe ich als meine Berufsbezeichnung an: „Zahnarzt“. Dieses Wort ist für mich per se neutral. Es macht mich in meiner Bewertung nicht zum Mann oder zu "Weniger-Frau", sondern zu einem Zahnarzt. Ich habe „Zahnmedizin“ studiert mit dem Berufswunsch „Zahnarzt“. Ich bin ein Zahnarzt. Zahnärztin ist auch ok. Das empfinde ich als entspannt, ganz neutral.
Es irritiert, dass mithilfe der Berufsbezeichnung zahnärztliche Geschlechter gewürdigt werden müssen. Denn das ist doch eigentlich ein Grundsatz des gleichberechtigten und wertschätzenden Umgangs.
Oder dass Patienten sprachlich korrekt nur noch nach einem Zahnärzt:in fragen dürfen. Der wartende Patient muss also korrekt sprechen: Wann kommt denn das Zahnärzt:in zu mir?
Ich sehe es wie viele Kollegen: es ist mir egal, ob jemand gendert oder nicht - aber ich respektiere auch die Unsicherheit, die mit dem Gendern verbunden ist, so dass Menschen bei den einfachen Wörtern bleiben wollen. Gleichwohl wird es immer wertschätzende Kollegen geben, die dafür keine gendernde Sprache brauchen, und solche, die trotz des Genderns abwertend denken.
Während der vielen Jahre hat mir persönlich das Gendern nie gefehlt. Aber es gab Situationen, in denen ich mir in meinem Berufsstand eine Gleichstellungsbeauftragte, eine Frauenbeauftragte gewünscht hätte, die nicht ihren eigenen Vorteil auf einer von Männern dominierten Karriereleiter gesucht hätte. Die nicht primär zu vertuschen und verheimlichen suchte, sondern eine eindeutig frauenfeindliche Haltung und Handlung wirklich offen diskutiert hätte.
Ja, das fehlte.
Hätte mir eine Gender-Sprache geholfen? Also die sprachliche Gleichstellung jedes Zahnärztys?
Nein. Mir hätte eine von Männern akzeptierte, wirkliche Frauenbeauftragte geholfen. Das Offenlegen von Missständen und der offene Diskurs.
Brigitte Rohdich