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Generationengerechtigkeit in der Profession

Gespräche mit jungen Kollegen... 

Und was ich höre, entsetzt mich. Vielerorts solch niedrige Gehälter für angestellte Zahnärzte und geringschätzende Arbeitsbedingungen!

Dann der Spiegel-Artikel über die unangemessene Stelle und Vergütung einer angestellten Zahnärztin... (August 2021).

Da merke ich:  Es fehlt uns etwas in der Profession!

 

Zeiten ändern sich. Früher dachten wir beim Generationenwechsel an den Senior-Zahnarzt, der seine Praxis an seinen Junior abgab.

Heute sieht es anders aus: Vielerorts enden Zahnarztpraxen ohne Nachfolger und junge Zahnärzte im Niedriglohnsektor oder ohne Anstellung.  

 

Der Frauenanteil in der Zahnmedizin steigt. Immer mehr Zahnärztinnen suchen die langfristig angestellte Berufsausübung. Dazu kommen Zahnärzte mit Migrationshintergrund, die auch ein ZFA-Gehalt akzeptieren. Es verwischen die Grenzen in der Mitarbeiterschaft: Angestellte Zahnärztinnen werden zum Absaugen eingeteilt und von ZFAs als Kolleginnen behandelt. Dies sind letztlich Abbilder eines mangelhaften Verständnisses von Profession unter den arbeitgebenden, niedergelassenen Zahnärzten. Sind die angestellten Kollegen und ihr Umsatz wirklich nur Ziffern in einer betriebswirtschaftlichen Bilanz? 

"Ich habe auch zwei!", erzählte ein niedergelassener Kollege. Das klang wie "zwei Stück angestellter Zahnarzt".

Fragen tun sich auf - gerade unter jungen Zahnärzten.

Die Berufsausübung betreffend gilt es, kollegial vorwärts zu denken!

 

Denn was wird in den Praxen und MVZs passieren, wenn an Materialien, Gehältern und Anerkennung für junge angestellte Zahnärzte immer mehr gespart wird?

a - Es wird kaum noch ein Vertrauensverhältnis zwischen AG und AN entstehen und keine Kollegialität mehr sein. Mangelnde Verbindichkeit des AG wird reflektiert werden; Arbeitsunfähigkeit, Fluktuation, Praxiausfallzeiten und ein Einbrechen der Solidarität im Team sind die Folge. 

b - Es wird das Vertrauen der Patienten in die Praxis enttäuscht werden. Fluktuation, geringe Verbindlichkeit seitens des Patienten, schlechtere Mitarbeit werden die Folge sein.

Betroffen ist also letztlich das Ansehen der Profession.

 

Und wie soll die zahlenmäßig kleinere, junge angestellte Zahnärzteschaft motiviert die zukünftige zahnärztliche Versorgung in Deutschland schultern, wenn die größere Generation der "Baby-Boomer" in den Ruhestand geht?

Ist die ergebnislose Suche junger Zahnärzte nach einer akzeptablen Ausbildungsassistentenstelle nicht auch der Budgetsituation, also den politischen Rahmenbedingungen geschuldet? 

Wie soll die zahnärztliche Versorgung im Wandel der Zeit funktionieren, wenn junge Zahnärzte nicht in die Profession integriert werden (können)?

Wie passt das alles zusammen?

Wo ist ihre Stimme, wo ist die Gewerkschaft von angestellten Zahnärzten für angestellte Zahnärzte in deutschen Praxen und MVZs?

Inwiefern ist Generationengerechtigkeit ein Punkt in der Profession?

 

Ich schreibe den Marburger Bund an.

Tatsächlich steht dieser auch den Zahnärzten und Zahnärztinnen offen:

"Der Landesverband Niedersachsen hat im Jahr 2019 eine entsprechende Satzungsregelung konkretisiert und damit Zahnärztinnen und Zahnärzten nunmehr auch die ordentliche Mitgliedschaft im Landesverband eröffnet. In vielen Landesverbänden bestand bereits zuvor kein Zweifel an der Mitgliedschaft von Zahnärztinnen und Zahnärzten und an dem -auch- gewerkschaftlichen Vertretungsanspruch für angestellte Zahnmediziner. So enthalten nahezu alle Tarifverträge des Marburger Bundes Regelungen, die ihren Geltungsbereich auch auf Zahnärztinnen und -ärzte beziehen, beziehungsweise Ärztinnen und Zahnärzte grundsätzlich gleichstellen. Von der tarifvertraglichen Situation in den Zahnkliniken ist jene im ambulanten Bereich allerdings grundsätzlich zu unterscheiden. Die üblichen tariflichen Regelungsinstrumente des stationären Sektors geraten notwendigerweise an ihre Grenzen, da die betreffenden Einrichtungen in aller Regel deutlich kleiner und grundsätzlich anders strukturiert sind. Abgesehen von den finanziellen Rahmenbedingungen unterscheidet sich die dortige Situation aber nicht wesentlich von jener in ärztlichen MVZ, Berufsausübungsgemeinschaften oder Praxen. Der Marburger Bund Bundesverband hat bereits vor geraumer Zeit einen Arbeitskreis zum Themenbereich Ambulante Medizin eingerichtet, der sich auch mit Fragen der spezifischen Vertretung der Ärztinnen und Ärzte in diesem Bereich beschäftigt." [Christian Twardy stellv. Hauptgeschäftsführer Referat Tarifpolitik Marburger Bund Bundesverband Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V. Reinhardtstraße 36 10117 Berlin].

 

Ein Dankeschön an den Marburger Bund!

Als Aufgabe für die Profession sehe ich in erster Linie den Diskurs.

Wie wichtig ist uns Generationengerechtigkeit im Hinblick auf die jungen Zahnärzte, die zunächst einmal eine angemessen Anstellung benötigen?

Welchen "Stellenwert" haben die jungen Kollegen - und damit die Zukunft der Profession - in der Gesundheitspolitik?

Mahnen wir an: Die zahnärztliche Versorgung ist zukünftig nur dann gesichert, wenn der Wert der jungen Zahnärzte im demografischen Wandel politisch anerkannt wird. 

Eines ist sicher:

Die jungen angestellten Zahnärzte brauchen eine Stimme.

 

Brigitte Rohdich